Service public? Nur noch für die Alten. Das SRF stirbt vorauseilend selbst.
F**k. Die SRG hat gerade eine Jugendmedienkrise beschlossen – here is why.
Susanne Wille hat mit dem Verlegerverband eine «Einigung» angekündigt. Die SRG schränkt ihr Onlineangebot massiv ein: Insta, YouTube und TikTok wird SRF in Zukunft «nur noch ausnahmsweise» nutzen. Dieser Deal ist schlechter als jeder Krypto-Scam – und konnte nur von unfassbar ignoranten Ü50ern beschlossen werden.
Junge Menschen, die künftigen Leser und Leserinnen des SRF, nutzen praktisch kein Fernsehen und kein Radio. Laut Reuters’ Newsreport nutzen 80 Prozent (!) der 18- bis 24-Jährigen Social Media oder Onlinezeitung als Hauptinformationsquelle. Der Nachwuchs wird also die künftigen Plattformen des SRF gar nicht mehr nutzen.
Dafür ist SRF auf Social Media eigentlich die mit Abstand stärkste Medienmarke und vor allem das einzige nicht aus dem Boulevardbereich stammende Medium mit Reichweite. 20 Minuten und Blick folgen mit viel Abstand, «Qualitätsmedien» wie Tagi oder NZZ sind irrelevant. Meine Friends, die nicht viel Zeitung lesen, verlassen sich auf SRF-Instavideos. SRFs Social Media ist das Einzige, das bei jungen Menschen ein Thema setzen kann. Alle Sportler haben die SRF-Sport-App. Und junge Menschen REDEN über SRF-Instavideos. Das SRF hat die besten Voraussetzungen, um das wichtigste Medium für die nächste Generation zu sein – und dieses Riesen-Asset wird weggeworfen.
Eine ganze Generation – die ohnehin schon «newsdepriviert» ist – verliert nun ihre einzige seriöse Nachrichtenquelle. Die grossen Verlage werden das Loch nicht füllen – sie können es schlicht nicht. Wer hat zwischen all den Sparrunden das Geld, um mit einem guten Angebot 350'000 Insta-Followers aufzubauen, die dann nicht einmal Einnahmen generieren?
Das SRF hat seinen Service-public-Auftrag interpretiert, wie es nur echte Boomer können, die ihre Kids fragen müssen, was «auf dem Facebook so los ist». Für junge Menschen besteht ohne Präsenz auf sozialen Medien keine mediale Grundversorgung mehr. Sie haben kein Geld für Zeitungsabos und auch kein Interesse daran.
Diesen riesigen Schaden für die Jugend und für die Zukunft des SRF hat Susanne Wille jetzt ausgehandelt – wofür denn eigentlich? Ein «Nein» der Verleger zur Halbierungsinitiative. Geil!
Heisst das eine Parole, heisst es Geld im Abstimmungskampf, vielleicht gar eine Position der Redaktionen? Keine Info. Die Frage ist aber vielmehr: Wer will diesen Support überhaupt?
Der wichtigste Nein-Grund zum Medienpaket 2022 waren laut der VOX-Analyse eben diese grossen Verleger. Die Gegner und Gegnerinnen stimmten am häufigsten dem Argument zu, «Medienkonzerne erhalten zu viel». Ob der SRG also die Nein-Parole der supersympathischen grossen Medienkonzerne überhaupt hilft und nicht eher schadet, ist unklar.
Klar ist hingegen: Dieser Deal war von Susanne Wille, wie meine Generation sagen würde, brutal lost. Das SRF stirbt vorauseilend selbst.
Andri Gigerl ist Redaktor bei der Zürcher Studierendenzeitung.
Unsere Kolumnistinnen und Kolumnisten vertreten ihre eigene Meinung. Sie deckt sich nicht in jedem Fall mit derjenigen der Redaktion.
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18.05.2025 22:15 Uhr
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Service public? Nur noch für die Alten