Christoph Blocher stellte im über 40'000 Mal verkauften Bestseller "Das Blocher-Prinzip" den Auftrag über alles. Der Apfel fällt angeblich nicht weit von Stamme. Karl Lüönd zeichnet jedenfalls in seinem jüngsten Buch "Erfolg als Auftrag" (Stämpfli-Verlag, Bern) zahlreiche Parallelen im Führungsstil auf zwischen Christoph Blocher und seiner Tochter Magdalena Martullo-Blocher. Obschon Karl Lüönd unterstellt wurde, das Auftragsverhältnis erlaube keine journalistische Unabhängigkeit (so Roger Schawinski), können wir in diesem Buch den "Schatten des Vaters" näher kennen lernen. Wer das spannend erzählte Buch liest, erfährt, dass der Autor das Thema recht gut differenzieren kann und viele Spannungsfelder bewusst macht (beispielsweise den Konflikt zwischen Ems Chemie und Gewerkschaft). Karl Lüönd kenne ich seit Jahren als kritischer Journalist, der immer Fragen stellt und Widersprüche seriös gegencheckt. Als Kommunikationsberater interessierte mich vor allem die Führungsphilosophie der erfolgreichen Managerin Martullo. Ich war mit Christoph Blochers These nicht einverstanden, als er im "Blocher Prinzip" den Auftrag über alles gestellt hatte. Für mich ist der Mensch ebenso wichtig wie der Auftrag, analog Ruedi Steigers Führungsprinzipien, die in seinem Buch "Menschenorientierte Führung" beschrieben werden. Blochers These lehne ich ab: "Es dürfen keine Fragen gestellt werden!"
Als ich vor einigen Wochen das Portrait der Ems-Chemie-Chefin (im Dokfilm "Reporter" SF) gesehen habe, glaubte ich, einen weiblichen Christoph Blocher vor mir zu haben. Magdalena Martullo spricht wie der Vater, läuft wie der Vater und scheint auch keine Fragen zu dulden. Sie führt militärisch fordernd und ebenfalls mit strenger Hand. Die gezeigten Sequenzen machten deutlich: Der Auftrag geht ihr auch über alles. Die Chefin scheint die Manager an kurzer Leine zu führen.
Führen heisst fordern
Wahrscheinlich wird heute das Fordern zu oft klein geschrieben. Der Reporter-Beitrag (SF) ist aber so geschnitten, dass die Blocher-Tochter nur als eine Chefin gezeichnet wird, die ihre Mitarbeitenden blossstellt und keine Ahnung hat von menschenorientierter Führung. Es ist aber durchaus denkbar, dass die Mitarbeiter genau wissen, wie der Ton der Chefin gemeint ist und die erfolgreiche Managerin sogar voll akzeptieren, so wie sie ist.
Bekanntlich ist in einer harten Schale oft ein weicher Kern. Es ist deshalb durchaus denkbar, dass man mit der Kamera auch umgänglichere Szenen hätte filmen können. Ich schreibe dies nicht als Anwalt der Blocher-Tochter. Das Bild, das Lüönd gezeichnet hat, finde ich deshalb als Ergänzung hilfreich, um die erfolgreiche Unternehmerin besser kennen zu lernen. Dass Vorgesetzte vor anderen blossgestellt werden, kann unter keinen Umständen akzeptiert werden.
Blochers Umgang mit den Medien lässt zu wünschen übrig
Mit meinem Hinweis möchte ich lediglich bewusst machen, dass Blochers im Umgang mit Medien zuwenig geschult sind. Es geht nicht darum, vor Mikrofon
und Kamera Theater zu spielen oder Kamerateams den Zutritt zu verweigern.
Es gilt jedoch bei Aufnahmen zu wissen, dass jedes Wort bedacht sein muss, das man während der Aufzeichnung sagt.
Blochers kannten leider die Gefahr des Schneidens bei Medien zu wenig
Wer mit Medien zu tun hat, müsste wissen, dass jeder Satz, jede Sequenz gespeichert werden kann und später die einzelnen Worte immer wieder abrufbar sind. Bei Blochers habe ich generell festgestellt , dass sie sich zu unbedacht vor den Medien äussern und nicht erkannt haben, dass man jedes Wort sorgfältig bedenken muss und nur eine kleine Bemerkung genügt, um verewigt zu werden und - aus dem Zusammenhang heraus publiziert - kontraproduktiv, sogar imageschädigend sein kann.
Beispiele bei den Blochers:
- Vor Jahren zog Silvia Blocher über den Bundesratskollegen ihres Mannes, Pascal Couchepin, verbal her.
- Christoph Blocher illustrierte einmal im TeleBlocher mit den Händen den Zusammenfall der Wolkenkratzer am 9.11. (Sequenz wiederholte Giacobbo in seiner Sendung drei Mal).
- Pfarrer Gerhard Blocher spielte vor Mikrofon und Kamera mit dem Sackmesser eine unbedachte Szene (wurde zum Klassiker) .
- Magdalena Martullo hatte nicht gemerkt, dass jene Aufnahme, in welcher sie einen Mitarbeiter vor allen Anwesenden als Träumer hingestellt hatte, dem Reporter einen Steilpass lieferte, der künftig immer wieder gesendet werden kann.
Was ich damit sagen will:
Der Umgang mit Medien muss jede Führungspersönlichkeit kennen. Wer nicht weiss, wie die Medien funktionieren, kann im Nachhinein böse Überraschungen erleben. Die Sackmesserszene und der Zerfall der Türme - vielleicht auch der Satz mit dem Träumer - sind prädestiniert, verewigt zu werden. Wenn etwas sonderbar oder lustig ist, wird diese Sequenz sehr schnell in Youtube verewigt. Die Geister, die man rief, wird man damit kaum mehr los. Ich vergleiche solche unbedachten Sätze mit Eiern, die dem Journalisten hingelegt werden, die er dann ausbrüten kann.
Fazit zum "Blocher-Prinzip" bei der Tochter:
Menschenorientiertes Führen heisst auch: Fördern und fordern. Die Wertschätzung der Mitarbeiter ist hingegen - nach wie vor - etwas vom Wichtigsten. Alle dürfen Fragen stellen. Der Auftrag bleibt etwas Zentrales.
Ich bin überzeugt, dass es beide - Karl Lüönd (Buchautor) und Reporter Roland Huber (SF) geschafft haben, uns die Blochertochter etwas näher zu bringen.
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SF Dok-Film: "Kamera hätte auch umgänglichere Szenen filmen können."