Wer macht in der Schweiz eigentlich Medienpolitik? Es ist schon speziell, dass innerhalb zweier Tage Schweizer Gerichte medienrechtliche Urteile mit grosser Wirkung ausgesprochen haben. Das eine war am Montag das Kantonsgericht in Zug, das den Ringier-Verlag in der Endlos-Causa Spiess-Hegglin zu einer exorbitant hohen Schadenersatzzahlung von 300'000 Franken verdammte, das andere am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen, das Medienpionier Roger Schawinski und seinem Mitstreiter Stefan Bühler die vor genau einem Jahr ausgestellte Radiokonzession für Graubünden wieder absprach. Wegen eines lächerlichen Formfehlers. Noch nie hat ein Praktikant mehr bewirkt als jetzt. Das Urteil könne – und dies ist die bittere Pointe – nicht mehr an das Bundesgericht weitergezogen werden und sei somit endgültig.
Für den Aussenstehenden stellt sich nun die Frage: Wer macht nun Medienpolitik hierzulande? Sind es mittlerweile Formaljuristen in einem abgedunkelten Sitzungszimmer oder solche, die etwas von der Medienrealität – oder wie im Fall Spiess-Hegglin etwas von Medienerlösen – verstehen? Bei Radio Südostschweiz wäre es zumindest angemessen gewesen, hätte man die ganze Angelegenheit nochmals zur Neubeurteilung an das Bakom zurückgewiesen, wie dies bereits beim Bieler TV-Entscheid der Fall ist. Das wäre zumindest redlich und auch transparent, doch das Gericht wird sich auf die faktische Kraft des Buchstabens abstützen und sich auf die Nichtbeachtung einer Norm berufen.
Eine grosse Niederlage stellt der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts auch für das Bakom dar, zeigt es doch, dass das aufwändige Punktesystem, das nun erstmals bei einer Konzessionsvergabe angewendet wurde und der Rechtssicherheit dienen soll, im juristischen Härtefall Makulatur ist. Zudem wäre es Service public, eine Partei auf das Nichteinhalten eines Formfehlers hinzuweisen. Eine bereits erteilte Konzession wegen eines solchen, der mittlerweile behoben ist, für ungültig zu erklären und der Gegenpartei zuzustellen, ist starker Tobak. Sogar für ein Medium, das keine Tabakwerbung ausstrahlen darf.
Matthias Ackeret ist Verleger und Chefredaktor von persönlich und persoenlich.com.
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31.01.2025 17:42 Uhr
31.01.2025 10:45 Uhr
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Starker Tobak